Unsere Kanzlei wurde kürzlich von einem deutschen Verkehrsunfallopfer
Unsere Kanzlei wurde kürzlich von einem deutschen Verkehrsunfallopfer mit der Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen beauftragt. Das Unfallereigniss fand in Frankreich statt. Frankreich ist ein wichtiger europäischer Knotenpunkt für Touristen und Geschäftsreisende. Regelmäßig werden auch deutschsprachige Personen aus Deutschland, Österreich oder der Schweiz Opfer eines Verkehrsunfalls. Da sie in einem fremden Land verletzt werden, dessen Sprache Sie nicht beherrschen, fühlen sich diese Opfer noch hilfloser als Einheimische in dieser Situation.
Es stellen sich viele rechtliche Fragen: Welches Recht gilt für ausländische Opfer? Was ist eine angemessene Entschädigung aus der Sicht eines französischen Richters? Und wie funktioniert der Entschädigungsmechanismus in Frankreich?
Nach den allgemeinen Grundsätzen des internationalen Privatrechts entscheidet das angerufene Gericht über Rechtskonflikte, indem es seine eigenen Regeln des innerstaatlichen Rechts anwendet. Wenn es ein internationales Übereinkommen gibt, das von dem Land, in dem das Gerichtsverfahren stattfindet, ratifiziert wurde, muss das Gericht es natürlich anwenden.
Dies gilt beispielsweise für das Haager Übereinkommen vom 4. Mai 1971 über Verkehrsunfälle, das unter anderem von Frankreich und anderen europäischen Ländern unterzeichnet wurde. Dieses Übereinkommen bestimmt, dass das Recht des Landes anzuwenden ist, in dem sich der Unfall ereignet hat, in unserem Fall also Frankreich.
Bei einem Verkehrsunfall in Frankreich hat das Opfer immer die Möglichkeit, den Verantwortlichen zu suchen: Meistens handelt es sich dabei um die Versicherungsgesellschaft der Person, die den Unfall verursacht hat. Wenn der Verursacher nicht bekannt ist, gibt es einen Garantiefonds, der die Entschädigung übernimmt.
Die genaue Antwort auf die Frage nach der Höhe der Entschädigung liegt fast immer im Gutachten eines vom Gericht bestellten Arztes, und alle Spekulationen den Entschädigungsbetrag, die vor Erstellung des Gutachtens getätigt werden, bleiben reine Vermutungen. Dennoch kann das Opfer zum Zeitpunkt der Bestellung des Sachverständigen von der Versicherungsgesellschaft oder dem Garantiefonds einen Vorschuss erhalten, der auf die endgültige Entschädigung angerechnet wird. Ein solcher Vorschuss ist übrigens für den Geschädigten interessant, da er mit den erhaltenen Beträgen seine eventuellen Rechtsverfolgungskosten finanzieren kann. Die vorgestreckten Gutachterkosten werden ihm mit der endgültigen Entschädigung zurückerstattet.
Der ärztliche Sachverständige führt seine Analyse nach dem Grundsatz des kontradiktorischen Verfahrens durch, d. h. unter Beteiligung und Anhörung der Parteien und ihrer Vertreter. Die Parteien nehmen die Unterlagen und den Entwurf des Sachverständigengutachtens zur Kenntnis und richten ihre Stellungnahmen an den Sachverständigen. Auf der Grundlage des Sachverständigenberichts sowie der Gerichtspraxis verhandeln die Anwälte des Schädigers und des Opfers über die Höhe der Entschädigung für das Opfer. So kann ein Gerichtsverfahren entbehrlich werden.
Hinsichtlich der Entschädigungsbeträge könnten konkrete Beispiele angeführt werden. Eine Augenverletzung mit Verlust von 90 % der Sehkraft bei einer 30-jähriger Frau wurde, einschließlich weiterer Schadenspositionen, auf 110 000 € geschätzt (davon 33 000 € für den teilweisen Verlust der Sehkraft). Ein offener Beinbruch bei einem 35-jährigen Mann, mit einem Grad der dauerhaften Erwerbsunfähigkeit von 15 %, wurde mit 80 000 € bewertet (davon alleine 20 000 € für die Folgen des Bruchs).
Im Folgenden werden wir detailliert auf die Kriterien eingehen, auf denen die Entschädigungen gemäß der Rechtsprechung basieren.